Seit Monaten schwelt ein Konflikt zwischen BZ-Redaktion und einem ehemaligen Mitglied der Chefredaktion. Von diesem erfährt man aber nicht aus der BZ und auch nicht aus einem anderen Medium der BZ-Medien. Unter anderem in der taz, der Welt und den Sozialen Medien wurde hingegen thematisiert, was kein gutes Licht auf Freiburgs „Leitmedium“ wirft.
Worum geht es?
Bernd Serger, Journalist aus Freiburg und langjähriger BZ-Redakteur, leitete u.a. die Freiburger Stadtredaktion. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2011 war er „Heimatchef“ der Gesamtausgabe und Mitglied der Chefredaktion. Auch danach war er weiter für die BZ tätig. So schrieb er u.a. letztes Jahr den Artikel „Jubiläum aus dem Nichts - Das Freiburger Bettenhaus Striebel feiert sein 80-jähriges Bestehen – ohne die jüdische Vorgeschichte der Firma“
Dieser wurde in der BZ-Gesamtausgabe im BZ-Magazin am 21. Juli 2018 veröffentlicht. Gegenstand war die Arisierung des ehemaligen Kaufhauses Marx, 1937.
Normalerweise wäre dieser Artikel online auf der BZ-Webseite einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht worden. Dazu kam es allerdings nicht bzw. nicht lange, denn laut Serger, wurden auf Geheiß Frickers die Zugriffsmöglichkeiten drastisch eingeschränkt. Aus Sergers Sicht handelte es sich um Zensur.
Die heutigen Inhaber der Firma Betten Striebel mit Stammsitz in Freiburg und weiteren Niederlassungen in Südbaden hatten sich offensichtlich beschwert und man kann sich schwer des Eindrucks erwehren, dass die BZ dieser Beschwerde aus wirtschaftlichem Kalkül nachgekommen ist. Sehr zum Leidwesen von Autor Serger und letztlich aller potenzieller Leser*innen.
Dabei hatte Serger in seinem Artikel die heutigen Inhaber von Betten Striebel nicht als Nutznießer der Arisierung bezeichnet, denn diese haben das Geschäft erst in den 1980er Jahren von Striebel übernommen.
Inzwischen lehnt die BZ alle Artikel von Serger ab. Wo aber soll ein Freiburger Journalist lokale Themen veröffentlichen, wenn es an weiteren Medien fehlt?
BZ-Medien haben in Freiburg und Teilen Südbadens eine quasi Monopolposition in Sachen Lokalem Zeitungsjournalismus. BZ-Medien kann daher maßgeblich kontrollieren, was die Menschen in der Regio wissen und was eben nicht.
In Freiburg gehören u.a. der Sonntag und der Wochenbericht ebenfalls zu BZ-Medien. Der Stadtkurier erscheint nur wöchentlich, ist rein werbefinanziert und hat keine vergleichbare Online-Reichweite.
Die BZ, namentlich der aktuelle Chefredakteur Thomas Fricker führt journalistische Fehler an, die der Entscheidung zugrunde lagen. Dieser Vorwurf wiegt schwer, richtet er sich schließlich sowohl gegen Serger, als auch das eigene Redaktionsteam, dass den Artikel in der Printversion vollumfänglich veröffentlicht hat.
In dem taz-Artikel und in Online-Foren, letztlich von Serger selbst, wird hingegen der Verdacht geäußert, dass die BZ den wichtigen Anzeigenkunden Striebel nicht verlieren wollte. Obgleich auch die BZ immer betont Anzeigengeschäft und Redaktion seien strikt getrennt, hat die Sache mehr als ein „Gschmäckle“.
Der BZ scheint das Thema unangenehm und so wurde zuletzt gestern eine im BZ Online-Forum entfachte Diskussion über das Thema, von Chefredakteur Fricker mit einem Statement nach Gutsherrenart abgewürgt:
https://www.badische-zeitung.de/als-betten-striebel-noch-am-predigertor-war
Weitere Kommentare wurden unterbunden. Ob die BZ auch Kommentare gelöscht hat, ist für die Leser nicht transparent. Leserbriefe zu Herrn Sergers Artikel wurden ebenfalls nicht veröffentlicht.
Auch heute drohte Fricker mit der Sperrung von Nutzern, wenn sie weiter eine „Kampagne“ gegen ihn und die BZ verfolgen würden:
An diesem Beispiel zeigt sich leider ein weiteres Mal das Dilemma, dass in Freiburg aber auch Teilen Südbadens besteht. Wenn eine Zeitung eine derartige Medienmacht hat, wie die BZ, dann besteht zum einen die Gefahr, dass sie diese ausnutzt und zum anderen, dass die Menschen in der Folge nicht richtig- bzw. falsch informiert werden. Natürlich ist es verlockend unbequeme Kommentare per Knopfdruck zu löschen, kritische Leserbriefe nicht zu veröffentlichen, kritische Nutzer zu sperren, Skandale nicht zu thematisieren, Wahlen zu beeinflussen, gewisse Interessengruppen mittels Medienmacht zu stützen und andere kleinzuhalten. In Zeiten von Social Media geht die Zeitung aber ein zunehmend größeres Risiko ein, wenn sie selbstherrlich ihre Machtposition ausnutzt. Das Video von Rezo hat eindrücklich gezeigt, dass in der heutigen Zeit Informationen viral selbst Riesen ins Wanken bringen können. Den Verantwortlichen bei BZ-Medien sollte eigentlich schon alleine aus berufsethischen Gründen an gutem Journalismus gelegen sein. Erlauben sie sich weiter Verfehlungen gegen ihre eigene Grundhaltung http://www.badische-zeitung.de/abo-service/ueber-uns/redaktion.html und journalistische Grundsätze, dann könnte auch die Badische Zeitung irgendwann Geschichte sein.
Weitere Links zu diesem Thema:
Der Artikel von Bernd Serger, um den es geht:
https://www.kontextwochenzeitung.de/medien/428/jubilaeum-aus-dem-nichts-5983.html
Artikel in der Taz
http://www.taz.de/Journalist-der-Badischen-abgesaegt/!5596932/
Facebook Bernd Serger
https://www.facebook.com/bernd.serger
Artikel in der Welt
https://www.ruhrbarone.de/badische-zeitung-erteilt-schreibverbot-ueber-arisierung/168973
Artikel bei Verdi:
https://mmm.verdi.de/beruf/journalismus-mit-haltung-abgestraft-58911
Email Share Facebook Share
2 KOMMENTARE
Wolfgang Rothmann
Montag, 17. Juni 2019 - 13:02 Anmerkung FRIMP-Redaktion: Der Zugang von Herr Rothmann zu BZ-Online wurde nach eigenen Angaben gesperrt. Das wurde von der BZ wie folgt begründet, s.u. Diesen "Textbaustein" hat Frau Kabis von der BZ auch heute im Kommentarbereich verwendet, an einen anderen Kommentator gerichtet:https://www.badische-zeitung.de/kesseltreiben-statt-diskussionskultur Ende der Anmerkung FRIMP-Redaktion.Hier der Kommentar der BZ."Sie verbreiten hier bewusste Falschaussagen und stellen die Behauptung in den Raum, die BZ würde unliebsame Kommentare und Leserbriefe unterdrücken. Eine solche pauschale Behauptung aufzustellen - ohne jegliche Beweise oder Belege zu liefern - führt zu eben jener negativen Kommunikationsart, die wir momentan immer deutlicher zu spüren bekommen. Mit Ihren Behauptungen schüren Sie Hass, Missgunst und Hetze gegenüber Medien, Journalisten und sonstigen Instanzen der freien Presse. Sie können mir glauben, dass das Moderationsteam der BZ täglich vor schwierigen Entscheidungen steht - eben weil die freie Meinungsäußerung in unserem Kommentarbereich und auch in den veröffentlichten Leserbriefen ein wichtiges Gut für uns als Zeitung darstellt, sich aber nicht jede/r Kommentator/in bzw. Leserbriefautor/in an unsere Diskussionsregeln hält. " Die Zensur und Löschung bei der BZ kann ich bestätigen.Ich hatte der BZ vorgehalten sich so zu verhalten, wie früher die Nationalsozialisten und die Sozialisten in der DDR und unliebsame Zusammenhänge zu löschen. Ich habe aber keine Namen, weil ich die Mail von der Redaktion erhalten hatte.Kai Fischer
Mittwoch, 19. Juni 2019 - 13:41 Die KONTEXT Wochenzeitung veröffentlichte am 19.06.2019 diesen sehr lesenswerten Artikel zum Fall Fricker/Serger: https://www.kontextwochenzeitung.de/medien/429/ich-muss-keine-abbitte-leisten-5999.htmlSie können obige Artikel bzw. Kommentare selbst kommentieren
Bitte melden Sie sich zu diesem Zweck an oder registrieren Sie sich kostenlos, falls Sie noch keine Zugangsdaten für FRIMP haben sollten.