Appell zum Erhalt der Freiburger Ackerflächen für die Ernährungssicherheit von der BI Pro Landwirtschaft und Wald in Freiburg-Dietenbach & Regio

- Foto: www.biprolandwirtschaft.de

Appell zum Erhalt der Freiburger Ackerflächen für die Ernährungssicherheit

von der BI Pro Landwirtschaft und Wald in Freiburg-Dietenbach & Regio

Leere Regale? Hamsterkäufe? Kein Nachschub? In unserem reichen Europa unmöglich, dachten viele. Bis jetzt.

Aus der derzeit dramatischen Lage wegen des Corona Virus müssen wir lernen.

Ohne Äcker keine Nahrung, ohne Bauern kein Leben.  

Gestern hat das Bundesministerium einen Kündigungs-Stopp für Ackerflächen wegen Lebensmittelengpässen ausgesprochen: zwischen dem 1. April und 30. Juni dürfen Pachtverträge für Ackerflächen nicht mehr gekündigt werden.

In Krisenzeiten wie die derzeitige merken wir, wie wichtig Nahrung ist. Und es ist eben NICHT selbstverständlich, dass die Regale immer gefüllt sind! ALLE Nahrung kommt aus dem Boden.

Es wird ernst. Das merken wir alle. Wir fordern daher den sofortigen und langfristigen Stopp von Versiegelung von Ackerflächen. Mit Kartoffeln haben die Bauern im letzten Krieg Millionen Menschen gerettet. Vergessen wir das nicht.

Die BI Pro Landwirtschaft kämpft noch immer für den Erhalt aller regionalen Ackerflächen in und rund um Freiburg:

Derzeit kündigt die Stadt Freiburg uns Landwirten munter weiter Äcker im Dietenbach und in St. Georgen. Aktuell sind in Freiburg Dietenbach 130 ha bestes Ackerland durch den geplanten neuen Stadtteil bedroht. Auch hinter der Kirche St. Georgen soll Ackerland, nahe an den St. Georgener Höfen, verloren gehen (Erweiterung der Kleingartenanlage im Moosacker) und der Ausbau der A5 zwischen Offenburg und Freiburg kostet weitere Flächen. Laut Perspektivplan wirft die Stadt auch schon ein Auge auf Agrarflächen am Tuniberg - bester Lößboden!

Wir fordern: Der Stadtteil Dietenbach und die Erweiterung der Kleingärten Moosacker müssen nochmals auf den Prüfstand. Innenentwicklung muss oberste Priorität haben, Bauen auf der grünen Wiese muss beendet werden. Kein grenzenloses Wachstum mehr, sondern auf Natur und Umwelt rücksichtnehmende maßvolle Innenentwicklung.

Unsere regionale Landwirtschaft ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. Und es kann jederzeit wieder eine weitere Krise geben. Corona zeigt uns wie schnell die Ernährungssicherheit gefährdet sein kann. Noch rollen die Lkws, aber wenn das Virus noch weiter über Wochen und Monate aktiv ist, wird es eng. Kein anderes Land wird Deutschland beliefern mit Lebensmitteln, wenn es selbst nicht genug hat. Dann ist sich jeder selbst der Nächste. Verständlich!

 

Freiburger Hintergrund:

Viele wollen regionale Lebensmittel haben, aber wenn ihr uns Landwirten und Winzer die Flächen wegnehmt, haben wir keine Chance, diese zu erhalten!

Noch 2010 war die Freiburger Umweltpolitik noch eine ganz andere: man las von “… Unbebaute Fläche ist eine Ressource, die jedoch täglich in erschreckendem Maße abschmilzt… weitere negative Folgen des exzessiven Flächenverbrauchs … Freiburg räumt deshalb der Innenentwicklung eine absolute Priorität ein. Sie ist ein wesentlicher Baustein einer nachhaltigen Entwicklung…Flächensparen schützt den Boden…"

Und was passiert seitdem?

Gnadenloser Zugriff auf landwirtschaftliche Böden in FR-Tiengen, -Opfingen, -Waltershofen und FR-Ebnet, St. Georgen, Haid Süd (bis heute gibt es dort zahlreiche nicht ans Gewerbe verkaufte Flächen, die wir Landwirte aber schon vor Jahren hergeben mussten) sowie auf zahlreiche Kleingärten im Stadtbereich und Waldflächen im Mooswald, demnächst auf Dietenbach.

Und Freiburg möchte noch „weiter raus“: die Siedlungsflächenentwicklung entlang der ÖPNV-Achsen außerhalb Freiburgs soll „voraussichtlich außerhalb des bestehenden Siedlungskörpers“ erfolgen, „so dass Freiflächen, häufig landwirtschaftliche Flächen, verloren gehen würden“.

Wir fragen: Ist die Erde seit 2010 größer geworden? Haben wir heute mehr Platz als früher? Wie kann sich die Umweltpolitik einer „grünen“ Stadt so verändern? Wo bleiben die Bemühungen der Freiburger Stadtpolitik, den Flächenverbrauch zu verringern?

 

Dietenbach kann noch gestoppt werden. Der gewonnene Bürgerentscheid bedeutet ein Kann aber kein Muss. Sowieso schnellen die Kosten exorbitant in die Höhe (derzeit liegen wir schon bei einem Verkaufspreis von 970 € pro m²), die Finanzierbarkeit der Sozialquote ist mehr als fraglich. Grundlegende Beschlüsse wie Bebauungsplan usw. sind noch nicht gefasst. Erdaushubzwischenlager, Gewässerausbau und Verlegung der Hochspannungs- und Erdgasleitungen sind noch nicht genehmigt. Die Dietenbachniederung gilt momentan immer noch als Überschwemmungsgebiet, die Genehmigung für den Ausbau des Gewässers Dietenbach ist nicht erteilt.

Noch ist Zeit. Nutzen wir sie. Für Freiburg. Für uns.

 

Allgemeiner Hintergrund Flächenverbrauch:

Die BI Pro Landwirtschaft ist Mitglied im Bundesbündnis Bodenschutz (https://www.bundesbuendnis-bodenschutz.de/unsere-erklaerung/). Dieses schreibt:

…“Tagtäglich werden in Deutschland immer noch weit über 60 ha Land für Siedlungs- und Verkehrsfläche verbraucht, eine Fläche so groß wie etwa 90 Fußballfelder. Der Zuwachs an bebauter Fläche vollzieht sich weitgehend zu Lasten landwirtschaftlich genutzter Böden. Dies geschieht, obwohl die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 ha pro Tag senken wollte. Von dem weiteren Ziel des Klimaschutzplans der Bundesregierung, den Flächenverbrauch auf Netto–Null zu reduzieren, ist man weit entfernt … In einer Zeit extremer Klimaveränderungen ist Bodenschutz unerlässlich. Der Erhalt unserer Grünflächen, Felder, Wälder und Wiesen ist KlimaschutzDer dramatische Flächenverbrauch in den Gemeinden landauf landab ist eines der dringendsten Umweltprobleme in Deutschland … Das Bundes Bündnis Bodenschutz appelliert an die Verantwortlichen, die über neue Gewerbe- und Baugebiete entscheiden, endlich nachhaltig und verantwortungsbewusst zu handeln, den unsäglichen Flächenverbrauch zu stoppen … Unsere Erde ist endlich; wir brauchen sie!“

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Roland Reihs

Donnerstag, 1. Juni 2023 - 16:31 Bei den jährlichen Naturschutztagen von NABU und BUND in Radolfzell wurde Anfang 2002 gesagt, dass wir uns das Ziel setzen sollten, Lebensmittel nicht weiter als 80 km zu transportieren. Dass nicht alles, was technisch möglich ist, ökologisch dauerhaft tragbar ist, müsste ja eigentlich inzwischen allen schon aufgrund der Klimakatastrophe klar sein. Die Planungen, Freiburgs Einwohnerzahl noch weiter zu erhöhen, beruhen jedoch auf der Annahme, dass die zunehmende Erderhitzung in naher Zukunft gestoppt werden könne. Zudem beruhen sie auf der Annahme, dass Lebensmittel immer und kontinuierlich über beliebig weite Strecken hier hergefahren werden können. Dass die erste Annahme sich bewahrheitet, ist natürlich wünschenswert. Aber die zweite Annahme ist unnatürlich und eben nicht ökologisch dauerhaft tragbar.
Laut einem Artikel im BUND-Magazin 3/20 befinden sich derzeit zwei Drittel der Agrarflächen, die die Menschen in Deutschland ernähren, im Ausland. Diese Angabe findet man beim Statistischen Bundesamt.
Welche Auswüchse der Anbau von Obst und Gemüse beispielsweise in der Provinz Almeria im spanischen Andalusien hat, ist schier unglaublich. Mehr als 30.000 Hektar sind hier mit Gewächshäusern aus Plastik bedeckt. Etwa ein Drittel der Ernte aus dieser riesigen Plastikwüste (mehr als 500.000 Tonnen) wird nach Deutschland transportiert.
Emil Egli aus der Schweiz schrieb schon 1970 in seinem Buch 'Natur in Not': "Unser Jahrhundert wird eine neue Wende nötig haben - sie beginnt, sich anzubahnen - eine Rückwende: eine Unterordnung der technischen Wirtschaft unter die Gesetze der Biosphäre."
Die Gesetze der Biosphäre gelten übrigens unabhängig davon, ob Menschen sie irgendwo aufgeschrieben haben oder nicht. Wenn also Entscheidungen alleine deswegen getroffen werden, weil sie nach menschlichen Gesetzen nicht verboten sind, können das trotzdem Fehlentscheidungen sein.
Um zu erreichen, dass der CO2-Anteil in der Atmosphäre 350 ppm nicht überschreitet, hätten insbesondere die Industrieländer übrigens spätestens in diesem Jahre 1970 mit effizientem Klimaschutz beginnen müssen.

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