Entsetzen bei Anwohnern über Baumfällungen in der Oberwiehre

- Foto: Peter Vogt

Freiburg Lebenswert schildert folgende Begebenheit:

Mit blankem Entsetzen und Fassungslosigkeit haben Anwohner auf die neuerlichen Baumfällungen früh morgens am Samstag, den 27.2.2021 im Bereich Sternwald-/Nägeleseestraße in der Oberwiehre reagiert. Dort soll in den beiden Flurstücken hinter der Sternwaldstraße 7 und 9 ein Gebäude aus zwei zusammengebauten dreigeschossigen Wohnhäusern plus Attikageschosse entstehen. Das Ganze freilich unter maximaler Ausnutzung der Baugrenzen ohne Rücksicht auf Anwohner und Natur. War zunächst nur das Gartengrundstück hinter der Sternwaldstraße 7 für die Bebauung vorgesehen, wurde später noch die Gartenfläche hinter der Sternwaldstraße 9 dazugekauft. Bei den Anwohnern formierte sich Widerstand, ein Anwalt wurde eingeschaltet.

Bestand zunächst noch die Hoffnung, dass sich das Bauvorhaben mangels Zugang zum Grundstück nicht realisieren lässt - der Investor war auf diese Weise bereits zuvor in der Wiehre mit einem Bauvorhaben gescheitert - wurden nun mit den Baumfällungen vollendete Tatsachen geschaffen. Dabei war die Fällgenehmigung an die Baugenehmigung geknüpft, welche offensichtlich noch gar nicht vorliegt. Offenbar wurde die Fällung jedoch am Vortag (Freitag, den 26.2.2021) gerichtlich für rechtens erklärt. Der Investor zögerte keine Sekunde, das Baumfällkommando rückte am Samstag früh morgens um 7:00 Uhr unter Polizeischutz an.  

Der Investor ist übrigens kein Unbekannter. Er lebt in der Schweiz und besitzt in Freiburg mehrere Immobilien. Er war auch der Kläger gegen die Stadt betreffs der Zweckentfremdungssatzung, die eine Umwandlung von Wohnungen in Gewerbe verhindern soll. Die Tatsache, dass nun statt der ursprünglich geplanten Ferienwohnungen (teurer) Wohnraum entsteht, dürfte die Anwohner kaum über die Naturzerstörung vor ihrer Haustüre hinwegtrösten. Die Auswirkungen auf das Stadtbild dürften in diesem hochsensiblen Gebiet einschneidend sein. Nach wie vor fehlen rechtliche Vorgaben zur Gestaltung von Neubauten auch in hochsensiblen Gebieten. Da hilft es auch wenig, dass die Stadt dem Bauprojekt ebenfalls kritisch gegenübersteht und die fehlende Kooperationsbereitschaft des Investors beklagt (BZ vom 22.10.2019).

Am Ende hat sich die Stadt wohl auch in diesem Fall mal wieder der rechtlichen Situation gefügt. Eine solche Situation, müsste jedoch keinesfalls gottgegeben sein. Wenn allerdings die Stadt beharrlich auf ihre Gestaltungsinstrumente z. B. in Form von Bebauungsplänen verzichtet, wird sie auch in Zukunft stets das Nachsehen haben, bzw. die betroffenen Anwohner. Die Vergangenheit hat schon mehrmals gezeigt, dass Investoren oder bauwillige Eigentümer unter Berufung auf § 34 BauGB ihre häufig kritischen bis hin zu völlig inakzeptablen Bauvorhaben am Ende eben doch genehmigt bekamen.

Freiburg Lebenswert setzt sich seit Jahren für eine maßvolle Baupolitik ein und steht Anwohnern gerade bei derart fragwürdigen Bauprojekten bei. Leider verfolgt die Stadtverwaltung und die große Mehrheit im Gemeinderat, vor allem auch die Grünen, nach wie vor eine Politik des Bauens auf Teufel komm raus. Auch setzt sich Freiburg Lebenswert für eine Novellierung der Baumschutzsatzung ein, um den dringenden Herausforderungen im Klima- und Artenschutz und vor allem lokal den Auswirkungen des Klimawandels auf das Stadtklima zu begegnen.

In stark versiegelten, dicht bebauten Bereichen entstehen im Sommer Wärmeinseln, denn hier speichern Beton, Asphalt und Stein tagsüber die Wärme und geben sie nachts ab. Ein Abkühlen in der Nacht findet, mit den entsprechenden Folgen für die Gesundheit, nicht mehr statt. Doch nicht nur das. Auch für unsere Psyche sind Grünflächen und Bäume erheblich besser als Beton. Natur vor der Haustür wirkt beruhigend. In Straßenzügen, in denen mehr Bäume stehen, wurden weniger Medikamente zur Linderung psychischer Krankheiten verschrieben, so eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (https://www.uni-jena.de/210126_Strassenbaeume).

Angesichts dessen ist der Erhalt der Freiburger Stadtbäume und Grünflächen von immenser Bedeutung. Gerade die Freiflächen in den halbwegs intakten Quartieren bieten wichtige Naturflächen. Eben diese Funktion müssen sie auch in Zukunft erfüllen und nicht die Funktion als Baugrund.

An Lippenbekenntnissen zum Klimaschutz fehlt es in Freiburg nicht. An der Umsetzung allerdings hapert es gewaltig. Klimaschutz lässt sich nicht mit unvermindertem Bauboom vereinbaren. Zeit, dass diese Erkenntnis in Freiburg Einzug hält. Die neuerlichen Baumfällungen in der Sternwaldstraße sind ein gigantischer Akt von Umweltzerstörung. Sie sind ein Riesenschritt in die falsche Richtung.

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