Extreme Erhöhung der Anwohnerparkgebühren in Freiburg wird vom Bundesverwaltungsgericht kassiert – Kläger Sascha Fiek bekommt Recht

Anwohnerpark-Zonen in Freiburg
Anwohnerpark-Zonen in Freiburg

Seit über zwei Jahren wird in Freiburg über eine drastische Anhebung der Anwohnerparkgebühren diskutiert, seit April 2022 ist sie in Kraft und jetzt hat sie das Bundesverwaltungsgericht als nicht rechtmäßig eingestuft und gekippt. Der als Privatperson klagende FDP-Gemeinderat Sascha Fiek bekam Recht.

Er und sehr viele weitere Betroffene werden sich freuen.

Von Anfang an war die drastische Erhöhung in Stadt und Gemeinderat sehr umstritten und bundesweit einzigartig.

Der entsprechende Beschluss erfolgte sehr knapp und nur, weil sich z.B. OB Martin Horn enthielt.

Die maßgeblich von den Grünen betriebene drastische Erhöhung der Gebühren, auf das bis zu Sechzehnfache, erschien vielen ungerecht, unverhältnismäßig und übertrieben.

Anwohnerzonen dienten einst als Schutz

Die Anwohnerzonen wurden einst eingeführt, um die Bewohner in Innenstadtnähe zu schützen, denn immer mehr Pendler, Touristen und Innenstadtbesucher stellten ihre PKW dort ab, weil ihnen die kostenpflichtigen Parkmöglichkeiten in der Innenstadt zu teuer waren.

Nach Einführung der Anwohnerzonen durften dort im Regelfall nur noch Anwohner mit Parkausweis parken. Alle anderen mussten auch dort Parkgebühren entrichten, was den Parkdruck deutlich senkte.

Seit Jahren kostete der Parkausweis 30 € im Jahr, was zunehmend als zu wenig erachtet wurde. Allerdings, sollte die Gebühr ursprünglich auch nur die Verwaltungskosten decken.

Insbesondere die Grün-Linke Mehrheit im Freiburger Gemeinderat wollte eine Gesetzesänderung nun dazu nutzen, diese Gebühren drastisch zu erhöhen.

Dabei ging es nicht mehr darum, dass die Gebühr die Verwaltungskosten decken solle, sondern auch um Klimapolitik und die Neuverteilung des öffentlichen Raumes.

Mittels drastischer Erhöhung, auf das bis zu Sechzehnfache, wollte man die Autos aus dem öffentlichen Raum verbannen, am besten gleich aus der ganzen Stadt.

Die PKW-Halter sollten auch verstärkt Parkplätze im Hof und in Garagen nutzen. Die erhofften Mehreinnahmen sollten in Fahrradinfrastruktur und Fußwege fließen und wurden alsbald solchermaßen großzügig verplant.

Doch es kam alles ganz anders. Die Software kam mit der drastischen u.a. längenabhängigen Erhöhung nicht klar und musste aufwändig geändert werden. Der Personalaufwand war viel höher, auch seitens des Gemeindevollzugsdienstes.

Der erhoffte und behauptete Rückgang der PKW-Zahlen in der Stadt erfolgte nicht, einzig parkten die Fahrzeuge nun woanders, nämlich dort, wo noch keine Anwohnerzonen ausgewiesen wurden. Genau das hatten die Kritiker zuvor prognostiziert.

D.h. die Fahrzeuge stören jetzt halt andere Bewohner, aber der behauptete Schutz des Klimas dürfte kaum erfolgen. Durch das Abstellen in weiter weg gelegenen Gebieten, könnte sogar das Fahraufkommen in der Stadt noch gestiegen sein.

In der Stadtkasse klaffte schon vor dem Gerichtsentscheid vom Dienstag ein großes Loch. Weit weniger als die Hälfte der bisherigen Besitzer der Parkberechtigungen erneuerten diese zu den drastisch erhöhten Konditionen von bis zu 480 € p.a. Die Mehreinnahmen vielen demnach viel geringer aus, als irrtümlich kalkuliert. Auch das hatten die Kritiker im Vorfeld gemutmaßt.

Mehrfach musste die Satzung für das Anwohnerparken zudem angepasst werden. Zuletzt für Zweiradbesitzer, da diese sonst 240 € p.a. bezahlen mussten, was nur wenige taten.

Seit gestern kann man nun wieder für 30 € p.a. Anwohnerparkausweise erwerben, was zu einem Run auf das Amt führen dürfte, denn der OB hat schon verlauten lassen, dass man möglichst bald wieder kräftig an der Preisschraube drehen möchte.

Zu Beginn der Debatte gab es einen Vorschlag der Verwaltung, die Gebühr auf 120 € p.a. zu vervierfachen. Die Kritik und die Anrufung des Gerichts wären deutlich unwahrscheinlicher gewesen und die Nettoeinnahmen der Stadt dennoch viel höher als jetzt und zuvor.

Sehr sicher hätten weniger in Nachbarstadtteilen geparkt und hätten dort nicht den Parkdruck erhöht.

Gemeinsam mit der Fraktion FDP & BfF hatte die CDU kurz vor der drastischen Gebührenerhöhung einen offenen Brief an die Befürworter der geplanten, exorbitanten Erhöhung der Anwohnerparkgebühren gerichtet. Diese beharrten aber auf der drastischen Erhöhung.

Ausgerechnet während der Coronakrise und der enormen kriegsbedingten Preissteigerungen und Belastungen mutete man manchen Freiburger Autobesitzern erhebliche zusätzliche Kosten zu, als ob die stark gestiegenen Kraftstoffkosten nicht schon Anreiz genug sind, das Auto seltener zu nutzen. Ausgerechnet in Freiburg, wo Mieten und Lebenshaltungskosten sehr hoch und die Einkommen relativ niedrig sind.

Gerade Familien, die naturgemäß lange Fahrzeuge nutzen, zuweilen auch mehrere Fahrzeuge benötigen, waren besonders betroffen.

Das Ungerechte an den Anwohnerparkgebühren ist auch, dass sie nur in einem begrenzten Bereich der Stadt erhoben werden (siehe Plan) und zudem keine Parkplatzgarantie bedeuten.

Ein halber Meter Fahrzeuglänge kann bis zu 240 € Kostenterschied bedeuten. Gleiches gilt für den Ort des Parkplatzes, denn nur in Anwohnerzonen gibt es diese Ausweise. In Herdern, Littenweiler, Ebnet, Kappel, Waldsee, Günterstal, Lehen, Landwasser, Haslach, Weingarten, Zähringen, Hochdorf, St. Georgen, am Tuniberg u.v.m. nicht.

Für Fahrrad- und Fußwege, die potentiell allen Bewohnern der Stadt zugutekommen, mussten demnach nur die Betreffenden bezahlen.

Gleichzeitig reduzierte man in den betroffenen Quartieren die Parkplätze, widmete sie um für die Außengastronomie, Carsharing, Frelo-Stellplätze oder schaffte sie ganz ab.

 

Bundesverwaltungsgericht äußerte sich wie folgt (Auszug):

„Die Parkgebührenverordnung ist danach keine taugliche Rechtsgrundlage für den Erlass einer Satzung, weil § 6a Abs. 5a StVG ausschließlich zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt. Darüber hinaus verletzt der Stufentarif den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die damit verbundenen starken Gebührensprünge bilden den je nach Fahrzeuglänge unterschiedlichen Vorteil nicht mehr angemessen ab. Im Extremfall kann ein Längenunterschied von 50 cm zu einer Verdoppelung der Gebühr führen. Die mit diesen Sprüngen einhergehende beträchtliche Ungleichbehandlung ist auch unter dem Gesichtspunkt der - hier allenfalls geringfügigen - Verwaltungsvereinfachung nicht zu rechtfertigen. Für die Ermäßigung und den Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen fehlt ebenfalls eine Rechtsgrundlage. Denn nach der maßgeblichen Norm des § 6a Abs. 5a StVG dürfen bei der Gebührenbemessung nur die Gebührenzwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs berücksichtigt werden. Eine Bemessung der Gebühren nach sozialen Zwecken hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Dies wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch erforderlich gewesen.“

 

Warum hat das Freiburger Rechtsamt das ganz anders eingeschätzt? Oder hat es das gar nicht und die Verwaltung hat sich darüber hinweggesetzt? In beiden Fällen würde das kein gutes Licht auf das Freiburger Rathaus werfen. Hat man etwa von Anfang an daraufgesetzt, dass schon niemand klagen wird? In einer Stadt mit so vielen Juristen?

Den Schwarzen Peter wollte man nach dem peinlichen Entscheid schnell in Richtung Landes- und Bundespolitik schieben und die BZ.Medien assistierten mal wieder bereitwillig.

Indes scheint den Verantwortlichen, in der Freiburger Verwaltungsspitze eine unausgegorene Abzocke und Umverteilung auf die Füße zu fallen.

Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes hat man relativ willkürlich die Autofahrer versucht abzukassieren, bei denen dies möglich erschien. Federte die drastischen Maßnahmen etwas sozial ab und gab das Geld für zusätzliche Rad- und Fußweg-Projekte aus.

Jetzt wird diese Politik, die bereits sehr hohen Schulden der Stadt abermals erhöhen, ohne, dass ein Auto weniger in der Stadt unterwegs ist und parkt. Sollte die Stadt die unrechtmäßig erhobenen Gebühren nicht freiwillig erstatten, dürften viele Betroffene den Rechtsweg beschreiten.

 

Warum hat man nicht den ursprünglichen Verwaltungsvorschlag (120 € p.a.) mit einem Erhöhungsplan kombiniert? Dann hätten alle gewusst, Parken wird in Freiburg perspektivisch immer teurer und man hätte sich darauf einstellen können.

In Rathaus und Gemeinderat scheint man zumindest in Teilen zu glauben, dass alle aus Spaß oder Bequemlichkeit ein Auto haben und nutzen. Dabei sind viele Menschen in der Stadt auf ein Auto angewiesen, weil der ÖPNV insbesondere außerhalb Freiburgs schnell lückenhaft und unzuverlässig wird, zuweilen z.B. auch aus gesundheitlichen Gründen.

In kaum einer Stadt wird weniger mit dem Auto gefahren, als in Freiburg und in wenigen dürfte die Ökologie eine größere Rolle spielen. Dem Problem der vielen, teils sehr großen Wohnmobile muss man in den Wohngebieten vermutlich intelligenter begegnen, schließlich gibt es nirgends prozentual mehr davon, als in Freiburg.

Für eine große Mehrheit dürfte außer Frage stehen, dass die bisherigen ca. 30 € p.a. nicht mehr zeitgemäß waren, aber, in Zeiten multipler Krisen die Gebühr kurzfristig auf das bis zu Sechzehnfache zu erhöhen, war instinktlos. Der finanzielle und politische Schaden ist groß. Die bevorstehenden Wahlen, die aktuellen Umfragewerte und die Klatsche vom Bundesverwaltungsgericht dürften dafür sorgen, dass der Gemeinderat beim nächsten Anlauf mehr Augenmaß walten lässt, zumindest bleibt das zu hoffen.

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