Die Beteiligung Freiburgs an der Weltausstellung Expo 2020 in Dubai war am Dienstag Thema im Gemeinderat. In diesem Zusammenhang hat Stadtrat Dr. Wolf-Dieter Winkler (FL) im Gemeinderat am 26. März 2019 für die Fraktion Freiburg Lebenswert/Für Freiburg folgende Rede gehalten:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Die Weltausstellung Expo 2020 in Dubai ist eine Nationenausstellung. Was um alles in der Welt hat Baden-Württemberg, und erst recht Freiburg, auf einer solchen Weltausstellung zu suchen? Die USA treten dort als eine Nation auf. Dabei hat allein der Bundesstaat Kalifornien weit mehr an Zukunftstechnologien zu bieten als die meisten Nationen. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 2,2 Bio. € liegt Kalifornien vor Frankreich weltweit an sechster Stelle nach Deutschland, das mit 3,0 Bio. € an vierter Stelle liegt, und nach Großbritannien an fünfter Stelle. Trotzdem hat der Staat Kalifornien keine eigene Präsentation auf der Expo! Aber Baden-Württemberg als deutsches Bundesland meint dort mit seiner Anwesenheit glänzen zu müssen.
Auf der Expo präsentieren sich die Unternehmen und Forschungseinrichtungen unter dem Dach der jeweiligen Länder mit ihren zukunftsrelevanten Entwicklungen. So war die letzte Expo 2017 in der kasachischen Hauptstadt Astana dem Motto gewidmet: „Energieversorgung der Zukunft: Maßnahmen für weltweite Nachhaltigkeit“. So könnte man erwarten, dass sich die Fraunhofer-Gesellschaft, bespielweise mit dem Freiburger ISE, dem Institut für Solare Energiesysteme, mit Neuheiten auf einer solchen Ausstellung zeigt. Aber was prädestiniert Freiburg als Stadt?
Freiburg präsentiert sich zwar gerne als „Green City“. Die meisten Freiburger nennen Freiburg angesichts der ungebremsten Bauwut aber schon lange sarkastisch nur noch „Grey City“. Spätestens seit man in Freiburg glaubt 100 ha bestes Ackerland überbauen zu müssen, statt sich intelligenterer Maßnahmen zu bedienen, hat unsere Stadt jegliche Glaubwürdigkeit in Sachen Nachhaltigkeit verspielt. Zig Städte weltweit sind bezüglich Nachhaltigkeit fortschrittlicher als Freiburg und hätten damit für eine Anwesenheit auf der Expo deutlich mehr Legitimität.
Und dann Dubai! Eine Expo in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem Thema, ich übersetze es mal auf Deutsch: „Gedankenaustausch, Zukunft schaffen“ mit den drei Unterthemen „Chance“, „Fortbewegung“, und „Nachhaltigkeit“. Ausgerechnet Dubai, der Inbegriff der Maßlosigkeit. Dessen Herrscher unermüdlich nach Superlativen strebt! Alles nach dem Motto: höher, weiter, größer! Dubai, das ist vor allem Glitzer und Glamour. Die Stadt ist für Luxusläden und ein pulsierendes Nachtleben bekannt. Vor dem Burj Khalifa, dem 830 m hohen Wolkenkratzer, der die aus Wolkenkratzern bestehende Skyline dominiert, zeigen mitten in der Wüste die Wasserstrahlen und Lichter der Dubai Fontäne eine Choreografie zu Musik. Vor der Küste wurden künstliche Inseln in Palmenform aufgeschüttet. Die Stadt könnte als Synonym für Verschwendungssucht herhalten und in Anlehnung an christliche Mythologien bezüglich Maßlosigkeit könnte man statt vom Turmbau zu Babel heute vom Bauwahn zu Dubai reden.
Die Immobilien- und Finanzkrise 2008 hatte die Investoren stark verunsichert und das Emirat an den Rand einer Pleite gebracht. Erst der Zuschlag für die Expo 2020 hat der Stadt einen weiteren Schub verpasst. Und so reiht sich inzwischen eine lärmende Baustelle an die andere. Gastarbeiter aus Indien, Pakistan und Bangladesch schuften in der mörderischen Hitze unter miserablen Arbeitsbedingungen und nicht wenige von ihnen überleben diese Tortur nicht. Hauptsache Dubai boomt wieder!
Und nun eine Expo zu Nachhaltigkeit! Das kann man vor dieser Kulisse wirklich nur als einen schlechten Scherz auffassen. Für diese Expo wird ein mit 480 ha fünfmal so großes Ausstellungsgelände wie Dietenbach mitten in die Wüstenregion zwischen Dubai und Abu Dhabi gesetzt. Schon das ein Projekt, das dem Gedanken der Nachhaltigkeit puren Hohn spricht. In den Emiraten gibt es nur fünf bis sechs Regentage pro Jahr. In den Sommermonaten Juni bis August ist die Hitze kaum auszuhalten. Es herrschen dann Extremtemperaturen über 45 Grad Celsius und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Um diese Hitze überhaupt ertragen zu können, sind die Gebäude mit energiefressenden Klimaanlagen ausgestattet. Von den erwarteten 25 Mio. Expo-Besuchern werden etwa 17,5 Mio. aus dem Ausland, also alles andere als nachhaltig, mit dem Flieger anreisen.
Wie die Fußball-WM in Katar soll auch die Expo 2020 einzig und allein den dortigen Herrschern zu Ruhm und Ehre gereichen. Und nicht nur die meisten Nationen machen diesen Irrsinn mit, sondern nun auch das grün regierte Baden-Württemberg. Und wenn es irgendwo auf dieser Welt gilt, sich in Glanz und Gloria zu sonnen, ist Freiburg meist dabei und ganz vorne weg die FWTM. Nein, meine Damen und Herren, die Expo in Dubai an sich und erst recht die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist einfach nur peinlich. Wir von FL/FF werden einer Beteiligung Freiburgs und der FWTM bzw. FMMI an der Expo 2020 nicht zustimmen.
Quelle und weitere Informationen zu Freiburg Lebenswert:
https://freiburg-lebenswert.de
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