Neuer Stadtteil Dietenbach: Die Stadt investiert weitere 50 Mio. in das Milliardenprojekt – trotz unzähliger Bedenken, Einwände und leerer Kassen

Rodungen am Dietenbach
Rodungen am Dietenbach - Foto: Frimp

Die Stadt investiert weitere 50 Mio. in das Milliardenprojekt – trotz unzähliger Bedenken, Einwände und leerer Kassen

Nachdem die Stadt Freiburg zum 1. April dieses Jahres die Geschäftsanteile der EMD (Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH & Co.KG) von der Sparkasse Freiburg übernommen hat, wurden jetzt zum 31. Juli rund 250 Kaufverträge für mehr als 400 Grundstücke von der EMD angenommen. Obwohl ein Rechtsgutachten dies als illegales Umgehungsgeschäft einstuft. Genau aus diesem Grund hatte die Stadt Freiburg die Sparkasse ja ins Boot geholt.

Der Sparkasse wurde es aber bekanntlich zu heiß, denn der Immobilienmarkt hat sich dramatisch abgekühlt, aber im Freiburger Rathaus meint man es besser zu wissen und investiert unaufhörlich weiter, trotz leerer Kassen und gigantischer Schuldenberge.

Gerade erst hat sich die Freiburger Stadtverwaltung eine blutige Nase beim Anwohnerparken geholt (Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts), lässt sich aber nicht davon abhalten, ein noch viel stärker umstrittenes Projekt weiter voranzutreiben.

Insgesamt handelt es sich bei diesem Teilgeschäft um eine Grundstücksfläche von ca. 79 Hektar, der Gesamtkaufpreis liegt bei rund 50 Mio. Euro.

Die Planungen für den neuen Stadtteil erfordern u.a. die Verlegung einer bestehenden Erdgashochdruckleitung, die der Transportnetzbetreiber terranets bw von Oktober bis voraussichtlich Sommer nächsten Jahres durchführt.

Da von diesen Arbeiten auch streng geschützte Arten wie die Zauneidechse betroffen sind, sollen diese von Mitte August bis Ende September im Eingriffsbereich von Experten abgesammelt und in das bereits hergestellte Habitat im Gewann Hardacker umgesiedelt werden.

Die vielen streng geschützten Tiere im Langmattenwäldchen bereiten der Verwaltung und einer Gemeinderatsmehrheit hingegen offenbar keine Sorgen, auch nicht die über 3500 Bäume, die für Dietenbach entgegen früherer Versprechen gerodet werden sollen und teils bereits wurden.

Eine aktuelle Widerstandsaktion läuft mittels einer Petition gegen die Rodung:

https://www.openpetition.de/petition/online/haende-weg-vom-dietenbachwald-in-freiburg

250 Mio. € dürften damit schon grob seit Projektstart den Dietenbach hinuntergeflossen sein und eine weitere halbe Milliarde dürfte folgen, bevor in dem Stadtteil eine ernstzunehmende Anzahl an Wohnungen entstanden sein wird. Bezahlbar im eigentlichen Sinne wird keine davon sein und auch nicht klimaneutral.

Bürgermeister und Gemeinderat müssen sich fragen lassen, weshalb sie an diesem Milliardenloch stoisch festhalten und weitergraben, wenngleich seit langem klar ist, dass nahezu keines der unzähligen Versprechen eingehalten werden wird. Nicht anders dürfte es sich in Kleinescholz verhalten.

Warum hat die Stadt mit dem vielen Geld nicht schon vor Jahren das große, zentrale und bestens erschlossenen Ganterareal erworben und entwickelt, anstatt es einem Schweizer Konzern zu überlassen und dort irgendwann lediglich 50 – 60 vergünstigte Wohnungen als Lärmriegel zu schaffen?

Warum hat sich die Bauverwaltung nicht auf Baugebiete wie Zähringen-Nord, Zinklern in Lehen oder diverse Baugebiete am Tuniberg konzentriert?

Nein, man wollte das ganz große Rad drehen. Deutschlands größtes Neubaugebiet musste es schon sein, darunter macht man es in Freiburg nicht. Und natürlich bezahlbar, klimaneutral etc.

Um lächerliche 210 Wohnungen ist der Wohnungsbestand 2022 in Freiburg gestiegen. Für diese marginale Bautätigkeit bräuchte es weder Kleinescholz, die Höhe, noch Dietenbach, zumal noch Jahre vergehen werden, bis in den genannten Baugebieten erster Wohnraum entsteht. Nein, für diese paar Wohnungen würden die 20 sonstigen Baugebiete locker reichen zzgl. Innenentwicklung mit Augenmaß.

Die Stadt Freiburg steuert auf die Pleite zu. Die Verwaltung ist überfordert, Schulen und Infrastruktur sind marode. Die Flutrisiken sind sehr hoch, die Sommer werden immer heißer.

Aber für das nächste neue Prestigerathaus-Gebäude sind über 100 Mio. da und für Dietenbach ist man gewillt deutlich über eine Mrd. aufzubringen.

Dabei ist schon lange klar, dass es noch ewig geht, Mieten und Kaufpreise dort astronomische Höhen erklimmen, von Klimaneutralität keine Rede sein kann u.v.m.

Und was, wenn die Stadt auch bei diesem Projekt vor den Gerichten unterliegt? Es läuft wie beim Anwohnerparken, dem Munzinger Bauprojekt am Rossbächle oder bei Scheuers Autobahnmaut?

Die Kosten explodieren in einer Tour, die städtischen Klimaziele werden krachend verfehlt – egal – an den Betonplänen wird eisern festgehalten.

Anstatt die Stadt endlich resilienter gegen Klimafolgen zu machen, betoniert und plant man in Green City um die Wette und baut ausgerechnet im Überschwemmungsgebiet, als ob es die Jahrhundertflut an Ahr und Erft nicht gegeben hätte.

Gleichzeitig wird der Bestand an wirklich günstigem Wohnraum durch Abriss und/oder Luxussanierung weiter dezimiert.

Wahnsinnig ignorant und borniert und das obwohl nicht ein qm günstiger und klimaneutraler Wohnraum dort entstehen kann und wird.

 

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Roland Reihs

Dienstag, 22. August 2023 - 14:11 Ein weiser Mann aus China namens Konfuzius formulierte es einmal so:
"Dummheit ist nicht wenig wissen,
auch nicht wenig wissen wollen,
Dummheit ist glauben, genug zu wissen."
Ohne vernetztes Denken zerreißt der Mensch, auch in bester Absicht, die ökologischen Netze. Und vernetztes Denken fehlt vor allem bei jenen, die zu früh damit aufhören, sich zu informieren und auch über die direkten und indirekten Folgen eines Vorhabens nachzudenken. So eine Denkweise muss man nicht unbedingt von anderen gelernt haben. Man kann sie sich auch selbst erarbeiten.
Wenn diejenigen, die das fragwürdige Projekt 'Stadtteil Dietenbach' selbst jetzt noch vorantreiben, für die zerstörte Natur und das verschwendete Geld bei einem Scheitern persönlich Schadensersatz leisten müssten, würden sie vermutlich sicherheitshalber anders agieren.
Der Survival-Experte Rüdiger Nehberg, der auch mehrmals Vorträge in Freiburg hielt, schrieb in seinem Buch Yanomámi vor 50 Jahren (1983): 'Aber ich fange langsam an zu begreifen, dass man schon lange nicht mehr alles tun darf, was nicht verboten ist. Es ist hohe Zeit, dass wir Menschen - soviel wir auch entdecken und erfinden - immer zugleich auch Teil der Natur sind. Und wenn wir ihr Schaden zufügen, dann fügen wir im gleichen Moment auch uns Schaden zu. Die Natur ist kein Supermarkt, dessen Regale immer wieder aufgefüllt werden. Irgendwann einmal bleiben ihre Regale leer, und wenn wir erst dann begreifen, wir es zu spät sein. Es wird uns gehen, wie jenem Menschen, der solange Raubbau an seinem Körper trieb, bis die Schäden nicht mehr behoben werden konnten. Es war zu spät. Ein für allemal. Für allemal . . .
Werden wir es rechtzeitig begreifen?
Die Südsteirer - 5 Minuten vor 12 (live): youtube.com/watch?v=_E30JJFCczk

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