Der Staatsschutz hat in Freiburg gestern eine Razzia durchgeführt. Betroffen waren unter anderem die Geschäftsräume des freien Senders "Radio Dreyeckland".
Die Polizei hat am Dienstagvormittag in Freiburg die Geschäftsräume von "Radio Dreyeckland" sowie die Wohnungen eines Redakteurs und des Geschäftsführers des Senders durchsucht. Gegen den freien Rundfunksender wird wegen des Verdachts ermittelt, gegen ein Vereinigungsverbot verstoßen zu haben, heißt es in einer Pressemitteilung. Demnach werde das Verfahren bei der Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe geführt.
Karlsruhe wirft den Beschuldigten vor, auf der Homepage von "Radio Dreyeckland" einen Artikel veröffentlicht zu haben, der eine Verlinkung eines Archivs der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" enthält. Darin soll zu Gewalt gegen die Polizei aufgerufen werden, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber dem SWR.
Die Vereinigung "linksunten.indymedia" wurde mit Verfügung des Bundesinnenministeriums vom 14.08.2017 verboten und aufgelöst. Zweck und Tätigkeiten der linksautonomen Gruppierung würden den Strafgesetzen zuwider laufen und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, hieß es damals.
Fabian Kienert, der Redakteur, der den Artikel inklusive dem Link geschrieben hat, kritisiert gegenüber dem SWR das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Gegen sieben Uhr morgens seien acht Beamte in seine Wohnung gekommen und hätten alles durchsucht. "Ich war ziemlich verwirrt und hätte damit auf keinen Fall gerechnet", sagt er. Die Beamten hätten Speichermedien, sein Smartphone sowie seinen Laptop, den er auch dienstlich benutzt, beschlagnahmt. Er zeigt sich vor allem entsetzt darüber, dass die Staatsanwaltschaft wegen eines Artikels, der über die Einstellung eines Verfahrens informiert, Durchsuchungen bei ihm, beim Geschäftsführer des Senders und sogar in den Redaktionsräumen anordnet.
Kienert sieht in den Durchsuchungen einen "unglaublichen Eingriff in die Redaktionsarbeit von "Radio Dreyeckland" und in die Pressefreiheit". Der Freiburger Sender will nach Angaben des Geschäftsführers Alexander Reimann erwirken, dass die beschlagnahmten Geräte zügig wieder freigegeben werden und dass die Daten nicht kopiert und vollständig ausgewertet werden. Schließlich seien auf den Laptops, dem Smartphone und den Speichermedien viele private und sensible Daten gesichert.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) teilte in Berlin mit: "Dass die Polizei in diesem Fall massiv gegen das Redaktionsgeheimnis verstößt, ist völlig unverhältnismäßig." Nicht umsonst habe das Bundesverfassungsgericht den Behörden hier sehr enge Grenzen gesetzt. "Das wirkt leider wie ein gezielter Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten", erklärte der stellvertretende Sprecher des DJV, Paul Eschenhagen.
Warum haben die Behörden den Sender nicht schon vor Monaten aufgefordert, den Link einfach zu entfernen? Wäre er dieser Aufforderung nicht nachgekommen, wäre das Vorgehen etwas verständlicher. So aber drängt sich förmlich der Eindruck auf, dass die Staatsanwaltschaft vor Verjährung agieren wollte und es ihr zudem primär um die vielen Daten ging, weniger um den Rechtsverstoß. Den letzten größeren Polizeibesuch hatte der Sender wohl in den 90er Jahren.
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