SC-Stadion Freiburg: Neue Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gibt Anwohnern teilweise recht; keine Bundesligaspiele, die im Wesentlichen in den Ruhezeiten stattfinden oder in die Nachtzeit hineinreichen

Baustelle neues Stadion
Baustelle neues Stadion - Foto: SC-Freiburg

15.09.2020 Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat heute folgende Entscheidung verkündet bzw. in Teilen bestätigt:

Das im Bau befindliche Stadion des SC Freiburg darf aus Gründen des Lärmschutzes nicht für Fußballspiele in den täglichen Ruhezeiten zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr, den sonntäglichen Ruhezeiten zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr sowie der Nachtzeit ab 22:00 Uhr genutzt werden.

Der VGH hat mit dem heute bekannt gewordenen Beschluss entschieden, dass Bundesligaspiele vorläufig zulässig sind, die im Wesentlichen außerhalb der Ruhezeiten nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung (täglich 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und sonntags 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr) stattfinden sollen, auch wenn sie eventuell unwesentlich in diese Ruhezeiten hineinreichen. Darüber hinaus dürfen Spiele im Rahmen des DFB-Pokals, der UEFA Europa League und der UEFA Champions League durchgeführt werden, die im Wesentlichen in den genannten Ruhezeiten stattfinden und gegebenenfalls in die Nachtzeit (ab 22:00 Uhr) hineinreichen.

Dagegen sind Bundesligaspiele und Vorbereitungsspiele, die im Wesentlichen in den Ruhezeiten stattfinden oder in die Nachtzeit hineinreichen, vorläufig unzulässig. Zur Begründung hat der 3. Senat des VGH ausgeführt, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei davon auszugehen, dass die erteilte Baugenehmigung hinsichtlich dieser Fußballspiele voraussichtlich die Rechte der in einem benachbarten Wohngebiet ansässigen Antragsteller verletze. Denn diese Spiele seien wahrscheinlich zu Unrecht als seltene Ereignisse im Sinne der Sportanlagenlärmschutzverordnung eingestuft worden. Seltene Ereignisse in diesem Sinne setzten eine besondere, vom Normalbetrieb qualitativ abweichende Betriebssituation voraus und ließen nicht generell eine Erhöhung der zulässigen Immissionsrichtwerte an 18 Tagen im Jahr zu. Die genehmigten und bei den Bundesligaspielen tatsächlich zu erwartenden Lärmwerte überschritten deshalb voraussichtlich die den Antragstellern zumutbaren Lärmschwellen.

Weitere Spiele seien von der Baugenehmigung nicht umfasst (z. B. Relegationsspiele) oder ausdrücklich untersagt worden, weil die Genehmigung Fußballspiele mit einem planmäßigen Spielbeginn ab 20:30 Uhr ausschließe.

Diese Entscheidung ist erneut ein Paukenschlag und zugleich eine Klatsche für die Verantwortlichen bei der Stadt, dem Regierungspräsidium und dem SC. Schließlich bedeutet sie eine erhebliche Einschränkung für den SC, denn zahlreiche nationale Spiele wären davon betroffen. Und bekanntlich nutzt dem SC die Erlaubnis z.B. Champions-League Spiele, oder gar Finals, auch in diesen Sperrzeiten veranstalten zu können, herzlich wenig.

Während sich die klagenden Anwohner und Stadiongegner freuen dürften, reagierte man beim SC, in der Fangemeinde, in der Stadtverwaltung, beim Regierungspräsidium und bei BZ-Medien wohl ziemlich entsetzt.

Damit hatte man nicht gerechnet, obwohl z.B. die Bürgerinitiative www.Bi-pro-Wolfswinkel.de und www.Freiburg-Lebenswert.de stets auf die Lärmproblematik hingewiesen haben.

Noch besteht wohl die Chance, dass im Hauptverfahren diese Beschränkungen fallen, oder ggf. doch noch ein Vergleich erfolgen könnte, aber Stand heute gilt die richterliche Entscheidung.

In diesem Zusammenhang geht es allerdings auch noch um einen schweren Vorwurf. Die klagenden Anwohner haben eine unzulässige, zu enge Kooperation von Stadtverwaltung und Regierungspräsidium reklamiert und dafür auch Beweise vorgelegt. Während das Freiburger Verwaltungsgericht diesen Punkt erstinstanzlich ablehnte, sehen die Richter in Mannheim die Vorwürfe möglicherweise als begründet an. Für diesen Fall könnte gar die Baugenehmigung zurückgezogen werden.

 

Corona hat sich erwartungsgemäß negativ auf den Baufortschritt ausgewirkt. Ursprünglich hätte das Stadion schon fertiggestellt sein sollen.

Schon lange ist absehbar, dass normale Spiele – unabhängig von dem gegenständlichen Urteil – so schnell nicht möglich sein werden.

Heute gaben die Verantwortlichen bei der DFL bekannt, dass Spiele mit 20 % der regulären Stadionplätze in der neuen Saison erprobt werden sollen. Diese Regelung wird aber erstmal das alte Stadion betreffen, denn vor der Rückrunde war ohnehin nicht mehr mit einem Umzug seitens des SC gerechnet worden.

Die Stadt Freiburg muss 2020 coronabedingt mit einem Haushaltsloch von insgesamt ca. 100 Mio. € rechnen. Hätte man seitens der Verantwortlichen die Bautätigkeit stark verlangsamt wären viele Ausgaben erst 2021 angefallen. So hätte der Haushalt 2020 etwas entlastet werden können. Jetzt wird das Stadion dennoch verspätet fertig, aber die Einsparungen für 2020 sind gering und zudem ist unklar, wann erstmals im neuen Stadion gespielt wird und wie es damit generell weitergeht.

Manche sorgen sich jetzt, dass die 131 Mio. € Investitionssumme in Sand gesetzt sein könnten und schlimmer noch der SC vor dem Aus steht, weil das alte Stadion nur mit einer Sondergenehmigung für die Lizenz genehmigt wurde und deren Fortbestand somit fraglich wäre.

FRIMP rechnet nicht mit diesem „worst case“ aber ganz ausschließen sollte man nichts, zumal auch noch nicht klar ist, wie sich Corona auf die Liga weiter auswirkt.

FRIMP hält sie in dieser spannenden Angelegenheit weiter kostenlos auf dem Laufenden.

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