Beschluss der Einrichtung eines NS-Dokumentations- und Informationszentrums
Bereits im Sommer 2018 hatte der Gemeinderat ein NS-Dokumentations- und Informationszentrum über den Nationalsozialismus für Freiburg beschlossen. Auch der mögliche Standort stand damals schon fest, nun rückt die Umsetzung näher: Das neue NS-Dokumentationszentrum soll 2021 in die Räume des ehemaligen Verkehrsamtes am Rotteckring einziehen. Diesen Dienstag beschloss der Gemeinderat mit großer Mehrheit den Erwerb von Anteilen an der Carl-von-Rotteck-Gesellschaft, bisherige Eigentümerin des Gebäudekomplexes, in Höhe von knapp zwei Millionen. Nach dem Kulturoberbürgermeister, Ulrich von Kirchbach, bildet die Wiederinbesitznahme des Rotteckhauses und ehemaligen Verkehrsamtes durch die Stadt die beste Voraussetzung für das geplante NS-Dokumentationszentrum.
Erwerb des Rotteckhauses
Während die Sparkasse Freiburg, Nördlicher Breisgau, mit 70 % beteiligt ist, gehören die anderen 30 % der städtischen Tochter Freiburg, Wirtschaft, Touristik und Messe (FWTM), die bis 2018 in dem Haus vertreten war. Das Rathaus verhandelte in mehreren Gesprächen mit der Sparkasse, welche den Marktwert des Hauses auf 7,3 Millionen schätzte, zudem prüfte das Rathaus mögliche Kaufoptionen. Ergebnis der Verhandlungen ist, dass die Stadt nun zunächst die Kommanditanteile von der zur Sparkasse Freiburg gehörenden Grundverkehrsgesellschaft für knapp zwei Millionen erwirbt. Dazu sollen im nächsten Jahr dann die Anteile der FWTM hinzukommen, die bis zu diesem Zeitpunkt die formelle Geschäftsführung übernehmen wird. Von der aufzulösenden Rotteck-Gesellschaft wird zudem ein Darlehen in Höhe von fünf Millionen Euro übernommen.
Notwendigkeit eines Gedenkortes
Der Grundsatzbeschluss zur Einrichtung eines Dokumentations- und Informationenzentrums für die Zeit des Nationalsozialismus geht als zentrale Empfehlung aus dem Dialogverfahren mit den Jüdischen Gemeinden im Kontext des Umganges mit den aus den Fundamentresten der Alten Synagoge entnommenen Steinen hervor. Zur Begründung hieß es in der damaligen Beschlussvorlage, dass Freiburg eine zentrale Erinnerungs- und Gedenkstätte zum Nationalsozialismus fehle und es durch den zeitlichen Abstand immer schwieriger werde „jungen Menschen den Nationalsozialismus und die Verbrechen der Zeit von 1933 bis 1945 nahezubringen.“
Präsentation der Fundamentsteine des Platzes der Alten Synagoge
In dem Dokumentations- und Informationszentrum sollen der in diesem Beschluss aufgeführten Grundkonzeption nach die vom Nationalsozialismus besonders betroffenen und gesellschaftlich verfolgten Gruppen einen Ort des Gedenkens finden. Die Präsentation der Fundamentsteine der Alten Synagoge wären an diesem Ort in einer würdevollen und angemessenen Weise einzurichten und die Namen aller Opfer des Nationalsozialismus aus Freiburg zu nennen und an ihr Schicksal zu erinnern. Zudem sieht es die Konzeption vor, das NS-Dokumentations- und Informationszentrum zu einem Ausgangsort und Zentrum für Gedenk-, Mahn- und Informationsorte der ganzen Stadt zu machen, so dass die im Zentrum vermittelten Informationen auf einer Spurensuche im gesamten Stadtraum erlebt, nachverfolgt und vertieft werden können.
Authentischer Ort für eine Gedenkstätte?
Von Seiten der Israeltischen Gemeinde wurde der Unterbringung der Fundamentsteine in dem künftigen NS-Dokumentationszentrum zugestimmt, allerdinge wäre es für die Gemeinde angemessener gewesen, wenn die Gedenkstätte auf einem authentischen Ort, an dem die größte Katastrophe im jüdischen Leben Freiburgs geschah, errichtet worden wäre, statt des Baus eines „Schandbrunnens“, wie François Blum, Sprecher der Nachkommen der Mitglieder der damaligen Israelitischen Gemeinde Freiburgs, dies mit Bezug auf die Nutzung des Mahnmals als Fußbad in einem Brief an OB Horn formuliert hatte. Ein NS-Dokumentationszentrum sieht Blum positiv, betrachtet es jedoch nicht als eine würdige Gedenkstätte.
Das NS-Dokumentationszentrum als Bildungseinrichtung für ganz Südbaden
Nach der Fraktion der Grünen ist mit dem Rotteckhaus ein passender Standort für das NS-Dokumentations- und Informationszentrum gefunden. Zugleich eröffnet es die Möglichkeit einer engen Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung (LpB), die dort miteinziehen soll. Timothy Simms gibt in seiner Rede anlässlich des NS-Dokumentationszentrums in der Gemeinderatssitzung vom Februar 2019 zu verstehen, dass die Notwenigkeit politischer Bildung und eines konsequenten Eintretens für Demokratie und die in der Verfassung verankerten Menschenrechte die Konsequenzen sind, welche die Deutschen aus ihrer Geschichte zu ziehen haben. Daher passt ihm gemäß eine Landeszentrale für politische Bildung auch gut zu dem NS-Dokumentationszentrum. Er weist außerdem darauf hin, dass es in ganz Südbaden kein vergleichbares Projekt gibt und damit durch das Dokumentationszentrum eine Bildungseinrichtung nicht nur für Freiburg, sondern für die ganze Region – für Schulklassen, Jugendgruppen und Interessierte – entsteht.
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