Nachdem die großen Mobilfunkgesellschaften Milliarden bei der Ersteigerung der 5G-Lizenzen investiert haben, drängen sie nun auf den Einsatz der neuen Technologie. Während dies in der Politik auf fast allen Ebenen auf positive Resonanz gestoßen ist, gibt es auch vehemente Gegenstimmen. Auf Bundesebene sind dies u.a. der Verein „Diagnose Funk“ und im lokalen Bereich in Freiburg das Aktionsbündnis „Freiburg 5 G frei“.
Das Aktionsbündnis hat in diesem Kontext ca. 4000 Unterschriften gesammelt für ein Moratorium des 5G-Ausbaus in Freiburg und eine Einwohnerversammlung zu dem Thema.
Dies führte dazu, dass nach einer 36-jährigen Pause, letzte Woche gleich zwei Einwohnerversammlungen in Freiburg stattgefunden haben. Am Montag, den 11. November, ging es um Dietenbach und am Mittwoch, den 13. November, um den neuen Mobilfunkstandard 5 G.
Schon bei der Eröffnungsrede von OB Martin Horn wurde klar, dass die Stadt den Ausbau des Mobilfunknetzes auf Basis des 5 G-Standards befürwortet.
Prof. Dr. Karsten Buse, vom Fraunhofer Institut IPM, erläuterte auf Einladung der Stadt die technischen Zusammenhänge.
Im Anschluss daran referierte der Freiburger Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. med. Wolf Bergmann, einer der drei Vertrauensleute der Bürgeraktion.
Er verwies dabei auf gesundheitliche Risiken und viele offenen Fragen bzgl. der Folgen der neuen Technologie und forderte erwartungsgemäß einen sofortigen Ausbaustopp von 5G in Freiburg.
Der Paulussaal war bis auf den letzten Sitzplatz mit 900 Besuchern voll belegt. Zeitweise mussten die Besucher, bevor sie hereingelassen wurden, aus Sicherheitsgründen sogar draußen warten.
Zuweilen artikulierten sich manche Gegner lautstark, wenn sie Argumente der Befürworter für unglaubwürdig erachteten.
Frau Dr. Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sieht keine Bedenken beim Betrieb von 5 G in Freiburg. Unsicher sei lediglich die Forschungslage bzgl. der Schädlichkeit durch die Nutzung des Smartphones ohne Kopfhörer oder Headset und des Tragens am Körper. Von den Antennen gingen ihr zufolge allenfalls Gefahren auf Vögel aus.
Bernd Mutter, der Digitalisierungsbeauftragte der Stadt, war sichtlich genervt. Für ihn sei die Sache klar: Strahlung innerhalb der Grenzwerte sei unschädlich und der Ausbau für die Stadt wichtig.
Die weiteren Vertreter des Aktionsbündnisses, Jörn Gutbier, Vorsitzender vom Verein „Diagnose Funk“, Tjark Voigts, Freier Architekt und Bernd Irmfrid Budzinski, Richter am Verwaltungsgericht (a.D.), bezweifelten den Nutzen für Freiburg und kritisierten, dass der Energieverbrauch durch dieses zusätzliche Mobilfunknetz ansteigen würde. In Zeiten der Klimakrise sei dies eindeutig als ein inakzeptabler Nachteil zu betrachten.
Auch müsse man davon ausgehen, dass die teils als krankhaft einzustufende Mediennutzung überwiegend junger Menschen durch 5 G sich weiter steigern würde.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass bisher keiner der Befürworter anhand konkreter Beispiele darlegen konnte, welchen konkreten Nutzen die Stadt von einer baldigen Einführung von 5 G hätte. Außer kürzerer Downloadzeiten und höheren Übertragungsraten wurden bisher keine greifbaren Vorteile genannt. Dies sei, nach Ansicht der Bedenkenträger, aber zu wenig.
In mittlerer Zukunft könnte zwar autonomes Fahren auch in Freiburg praktiziert werden, jedoch wird dies voraussichtlich noch einige Jahre dauern. Auch medizinische Remote-Operationen aus der Ferne wurden schon als mögliche Anwendungen aufgeführt. Die Uniklinik verfügt jedoch über eine sehr schnelle und stabile Glasfaseranbindung und bräuchte für diese Anwendung mithin nicht notwendigerweise 5 G.
Generell, so scheint es, wird bei der Debatte zu wenig differenziert. Ein Ort wie Schonach im Schwarzwald z. B., in dem es heute nur sehr schlechten Mobilfunkempfang gibt, sehnt sich sicher mehr nach 5 G und hat auch einen viel größeren Nutzen davon, als eine Stadt wie Freiburg, die heute schon Mit 2G-4G vergleichsweise gut abgedeckt ist und zudem nach und nach auch über immer mehr schnelle Festnetz-Internetanbindungen verfügt.
Gäbe es in der Stadt noch mehr Glasfaser-Internet Anschlüsse, gegen die niemand gesundheitliche Bedenken vorbringt, wäre die Erfordernis von 5 G noch deutlich geringer einzustufen.
Ein weiterer Grund, der für einen Ausbaustopp spricht, ist der Umstand, dass selbst zahlreiche 5G Befürworter und z.B. die USA den Einsatz von Huawei-Technologien sehr skeptisch sehen bzw. teils sogar ablehnen. Huawei ist aktuell aber führender Anbieter der 5G Infrastruktur. Es gibt Bedenken, ob man China den Zugriff auf diese zentralen Kommunikationskomponenten ermöglichen soll.
5G verbraucht theoretisch weniger Energie pro übertragenem Bit. Auf Freiburg bezogen, trifft dies allerdings vor allem in der Anfangsphase nicht zu, da die alten Mobilfunknetze laut Experten des Fraunhoferinstituts weiterbetrieben würden. Sollten sie irgendwann abgeschaltet werden, könnte der Energieverbrauch theoretisch sinken. Wenn allerdings die Nutzungsintensität, und davon ist auszugehen, weiter ansteigt, könnte dieser Effekt ausbleiben.
Die Kritiker wiesen noch darauf hin, dass der 5 G Ausbau natürlich auch mit einem immensen Ressourcenverbrauch für die Infrastruktur sowie die neuen Endgeräte verbunden wäre.
Die Vertreter der Stadt machten deutlich, dass Freiburg nur bedingt Einfluss auf den 5G-Ausbau habe, da es sich im Wesentlichen um bundes- und landesrechtliche Bestimmungen handele. Dem entgegneten die Vertreter des Aktionsbündnisses, dass es schon Mittel und Wege gäbe, die bereits von anderen Kommunen genutzt worden sind.
Sehr gut und neutral moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Alexander Bode.
Nach der Veranstaltung sind zwei Kommentare von Redakteuren der Badischen Zeitung in der BZ erschienen, die das Verhalten der Veranstaltungsbesucher, die 5G ablehnen, skandalisierten und sich vehement für den Ausbau von 5 G aussprachen.
Ein weiteres Mal ist Freiburgs einzige kostenpflichtige Tageszeitung nicht in der Lage über ein solch wichtiges Thema eine neutrale Berichterstattung zu bieten und die massive Beeinflussung der Leser zu unterlassen. Auf diese Weise trägt sie einseitig zu der Meinungsbestimmung der Bürger, Gemeinderäte und Verwaltung bei.
Weiterführende Links:
https://digital-freiburg.de/news
Email Share Facebook Share
0 KOMMENTARE
Sie können obige Artikel bzw. Kommentare selbst kommentieren
Bitte melden Sie sich zu diesem Zweck an oder registrieren Sie sich kostenlos, falls Sie noch keine Zugangsdaten für FRIMP haben sollten.