Wahlkampfauftakt der Grünen in der Wodanhalle – Kommentar von Anton Behringer

- Foto: Die Grünen

Kerstin Andreae, Reinhold Pix, Bärbel Schäfer waren u.a. da. Die grüne Prominenz, die ja sehr eng mit Freiburg verbunden ist, hätte gut daran getan, die Freiburger Grünen mal wieder auf Kurs zu bringen. Es ist kaum zu glauben, aber ohne Unterstützung der Grünen, mit EX-OB Salomon und dem von den Grünen protegierten Baubürgermeister Haag, der auch zugegen war, wäre Dietenbach heute überhaupt kein Thema. Dazu passt auch: http://www.frimp.de/redaktion-frimp/die-haltung-der-gruenen-zu-dietenbach-kommentar-20190108003946/ (Link bitte ggf. in Browser kopieren) Die Rechtfertigung der Grünen für Dietenbach, die man in ähnlicher Form auch bei Empirica nachlesen kann, ist unglaubwürdig: Falls Dietenbach nicht gebaut würde, würden 15000 Menschen ins Umland ziehen und sich dort ein Haus auf die grüne Wiese stellen und am Folgetag mit dem SUV nach Freiburg pendeln. So behaupten es die Befürworter von Dietenbach ja sinngemäß, wenn auch überspitzt formuliert. Andersherum wird ein Schuh draus. -Menschen, die im Umland leben und dort vielleicht auch arbeiten, werden nicht nach Freiburg gelockt und bleiben in der bereits erstellten Wohnung. -Menschen, die nach Dietenbach gezogen wären, ziehen nicht autom. nach Denzlingen oder Umkirch. Warum? Entweder wollen sie das gar nicht, oder es gibt keinen entsprechenden Wohnraum oder Bauplatz dort. Die Gemeinden, unmittelbar um Freiburg, werden wegen Dietenbach -wenn überhaupt- nur in geringem Umfang mehr auf der Grünen Wiese bauen lassen. Viele Menschen, die nach Dietenbach gezogen wären, könnten sich das auch nicht leisten. Von daher handelt es sich um unglaubwürdige Schutzbehauptungen der Grünen, die sich in Wirklichkeit von den Menschen, die zusätzlich nach Freiburg ziehen, mehr Stimmen erhoffen - auch von den anderen, die von Dietenbach profitieren. Freiburg wird wegen Dietenbach möglicherweise sogar die Klimaziele 2050 verfehlen. http://www.badische-zeitung.de/freiburg/freiburg-droht-klimaziel-fuer-2050-zu-verfehlen--150484557.html (Link bitte ggf. in Browser kopieren) In dem Leserbrief von Johannes Herlyn an die BZ (s.u.) wurde eindrücklich erläutert, welche Auswirkungen, der auch von den Grünen propagierte neue Stadtteil Dietenbach hat. Wann stellen die Freiburger Grünen ihren Wachstumskurs in Frage? Die wertvolle Pionierarbeit für GreenCity wird so möglicherweise dem Wachstum geopfert. Braucht es erst eine weitere Wahlschlappe in Freiburg, um hier das Ruder herum zu reisen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es innerhalb der Grünen da keine Opposition gibt, schließlich sind alte Verbündete wie z.B. BUND und NABU gegen die Bebauung von Dietenbach und auch gegen die damit im Zusammenhang stehenden gigantischen Hochwasserschutzanlagen bei Günterstal. Letztlich ist es aber wegen des erfolgreichen Bürgerbegehrens nicht mehr unbedingt entscheidend, wie die Fraktion und die Partei zu Dietenbach stehen, sondern deren Wähler*innen. Leserbrief Dietenbach wird in der Freiburger Klimabilanz als ganz großer Negativ-Posten zu verbuchen sein. Zum Bericht "Grüne finden sich in neuer Rolle wieder" (BZ vom 4. Januar), in dem es unter anderem darum ging, dass die Grünen-Fraktion im Freiburger Gemeinderat für den neuen Stadtteil Dietenbach eintritt. Der Mensch ist das lauteste Lebewesen. Wenn er etwas braucht oder will, wird er vernehmlich. Die übrigen Lebensformen haben politisch keine Stimme und werden in allen wichtigen Entscheidungen noch immer viel zu sehr übergangen. Selbst die schon voll reale Klimaerhitzung vollzieht sich offenbar noch immer viel zu leise für die Ohren derer, die zu entscheiden haben. Bei den Freiburger Grünen steht es damit nicht anders. Unabhängig von der Art der Bebauung wird ein Stadtteil Dietenbach in der Freiburger Klimabilanz als ganz großer Negativ-Posten zu verbuchen sein. Die Gegner der Freiland-Verbauung haben ein imposantes Mosaik von Alternativen im Innenbereich aufgezeigt. Die schaffen es genau deshalb so schwer ins öffentliche Bewusstsein, weil für ein lautes Bedürfnis eben die eine große Lösung her soll, auch nach Meinung der Freiburger Grünen, während sie für die Einhaltung der "selbstgesteckten" Klimaziele "auf viele kleine Schritte" setzen. Wie wäre es umgekehrt mit vielen vergleichsweise kleinen Schritten für mehr Wohnraum und – neben vielem anderen – der einen großen Klima-Maßnahme: Erhaltung von Freiland! Und wenn wir, wie die Grünen sagen, "für eine gute Stadtentwicklung auch neue Bürger brauchen", dann darf man dazu eine kleine Denkhilfe geben: Nicht nur Wachstum, sondern auch Fluktuation und Austausch bringen Neues herein. Auch Martin Horn hat vermutlich mit etwa 18 Jahren zu wachsen aufgehört und ist doch noch kein alter Knochen. Vielleicht sogar jung genug, um einen Gedanken noch einmal neu zu denken. Johannes Herlyn, Freiburg http://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-freiburg/dietenbach-wird-in-der-freiburger-klimabilanz-als-ganz-grosser-negativ-posten-zu-verbuchen-sein--164272736.html

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Rüdiger Binkle

Mittwoch, 16. Januar 2019 - 13:47 Global denken……
lokal betonieren?

Freiburgs Linke und Grüne verabschieden sich vom Landschaftsschutz

Natürlich ist auch Freiburgs Linke für Maßnahmen gegen die Erhitzung der Erdatmosphäre. Sie ist für Klimagerechtigkeit und gegen die zunehmende Versiegelung und Betonierung der Landschaft. Die Südwest-Grünen fordern die wohnortnahe Versorgung mit landwirtschaftlichen Gütern. Theoretisch. Ganz praktisch werden beide Parteien in den nächsten Wochen gemeinsam mit einer Fast-Allparteienkoalition inklusive CDU, SPD, FDP und den Freien Wählern für das Gegenteil trommeln. Schuld daran ist auch in Südbaden der Sachzwang. Und der heißt in diesem Falle: Wohnungsnot. Die Mieten in der selbsternannten „Green City“ befinden sich in der gleichen Liga, wie in den Hochpreisregionen München oder Hamburg; die Warteliste für öffentlichen, bezahlbaren Wohnraum ist lang. Auch hier beackern Wohnkonzerne das Feld, werden reiche „Häuslebauer“ in die Südwestecke gelockt, bezahlbare Häuser zu Teuer-Apartments umgebaut und jede Menge Leerstand verwaltet. Gegen die großflächige Errichtung von Luxus-Wohnungen für Studierende aus betuchten Elternhäusern regte sich kaum Widerstand.
Die Lösung des Wohnungsproblems liegt nun nach Auffassung einer erdrückenden Gemeinderatsmehrheit im Freiburger Westen. Das Gewann Dietenbach besteht aus 169 Hektar Wald, Wiesen und Ackerland. Für die Stadtplaner bedeutet dies eine Fläche von rund 190-200 Fußballfeldern, die bebaut werden können. 15.000 Menschen sollen nach Abschluss der größten Baustelle in der Region, einmal im neuen Stadtteil leben. Als ökologisches und klimaneutrales Großprojekt werden die Bau-Ambitionen bereits jetzt beworben. Für viele Landwirte bedeutet der neue Stadtteil jedoch den Entzug von wertvollen Anbauflächen. Ein schlüssiges Konzept für Ersatzflächen gibt es nicht. Auch keine Antwort auf die Frage, wie hier noch die Versorgung der kurzen Wege stattfinden soll. Das Dietenbach-Gebiet, eigentlich ein Überschwemmungsgebiet, muss dann schätzungsweise 3 Meter komplett aufgeschüttet werden, um überhaupt baureif zu werden. Die örtliche Bürgerinitiative Pro Landwirtschaft und Wald hat vorgerechnet, dass die notwendige Aufschüttung des Baulandes 416.000 LKW-Fahrten nötig macht, bevor betoniert und asphaltiert werden kann. Was an dieser immensen CO 2-Belastung klimaneutral sein soll, haben Freiburgs Linke und Grüne noch nicht erläutert. Zudem wird nach Einschätzung der Naturschutzverbände ein wichtiges Nahrungshabitat für mehrere Vogelarten und Kleintiere zerstört. Verschiedene Alternativen zum Bauen auf der grünen Wiese, wie Aufstockungen und das Verbot von Luxus-Sanierungen seien gar nicht ausgeschöpft worden. Während sich selbst Linke bei der Enteignungsforderung im Falle von Wohnungsleerstand und –spekulation schwer tun, hat die Fast-Allparteienkoalition mit der Enteignung von Landwirten keine Probleme. Die örtlichen Grünen wollten sogar vor einigen Jahren noch öffentlichen Wohnraum veräußern, was nur durch ein Referendum gestoppt werden konnte. Die Linke Liste im Freiburger Stadtrat, personell und organisatorisch eng mit der Partei die Linke verbunden, hat sich besonders für einen 50% Anteil an Sozialwohnungen im neuen Quartier stark gemacht. Dass eine Gemeinderatsmehrheit, kurz vor den Kommunalwahlen, diesen Beschluss durchgewunken hat, sieht man als wichtiges Argument für das Bauvorhaben. Die Grünen hatten lange diese Sozialbindung abgelehnt, der CDU-Finanz-Bürgermeister wettert immer noch gegen den Beschluss. Sozial und ökologisch sollten auch frühere Neu-Stadtteile in der stark wachsenden Breisgaumetropole werden. Die einstigen Vorzeige-Quartiere Vauban und Rieselfeld gehören heute jedoch zum teuersten Pflaster in der Stadt. Die Quadratmeterpreise in den genannten Mittelschichtsbezirken haben sich teilweise verdoppelt; Eigenbedarfskündigungen haben Mieterinnen und Mieter aus den „Modellstadtteilen“ vertrieben. Die Kritikerinnen und Kritiker der Dietenbach-Pläne fürchten da einen Domino-Effekt. Wenn im Neu-Stadtteil, der etwa 2025 bezugsfertig sein soll, nach Auslaufen der Sozialbindungen wieder die Mieten steigen, könnte die nächste Wald- und Wiesenfläche unwiederbringlich geopfert werden. Das Bündnis „Wem gehört die Stadt“, welches sich für genossenschaftlichen Wohnbau engagiert, erklärte hierzu: „Baugebiete sind keine nachwachsenden Rohstoffe.“ Doch die örtlichen Liberalen träumen bereits vom übernächsten Großprojekt und ehemalige Stadtplaner haben vor einiger Zeit öffentlichkeitswirksam die Bebauung eines Naturschutzgebietes ins Gespräch gebracht. Gegen die Pläne der Freiburger Bau-Koalition von CDU bis Linke Liste, hat ein Zusammenschluss verschiedener Umweltverbände, dem auch der örtliche BUND und der Nabu angehören, einen Bürgerentscheid erstritten. Ob die Abstimmung Ende Februar allerdings zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes verläuft, ist angesichts der finanz- und kampagnenkräftigen Baubefürworter mehr als fraglich. Welche Folgen ein Bauverbot im Dietenbach-Areal hätte, lässt sich schwer abschätzen. Im günstigsten Falle entstünde eine öffentliche Debatte über die Fragen, wie weit sich eine Stadtgesellschaft den Bauboom im Luxussegment leisten kann und wie weit unsere Städte noch zu Lasten der Natur wachsen sollen.


Rüdiger Binkle

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