Welches Potenzial steckt im Dachausbau im Hinblick auf die Schaffung neuen Wohnraums?

- Foto: www.Freiburg.de

Könnten Dachausbau und Dachaufstockungen gemeinsam mit anderen Maßnahmen eine Alternative zum geplanten Stadtteil Dietenbach darstellen?

Seit Jahren kann man in Freiburg und vielen anderen Städten beobachten, dass Dachgeschosse ausgebaut werden und Gebäude aufgestockt werden.

Waren z.B. in der Gründerzeit die Dachgeschosse für das Dienstpersonal und manche Mansarde für Studierende und weniger Wohlhabende vorgesehen, muss man heute für ausgebaute Dachgeschosse für Kauf oder Miete teils tief in die Tasche greifen. Die Wohnungen verbinden oft zentrale Lage, Helligkeit, Neubaustandard, einen tollen Ausblick, Privatsphäre etc. Das Grundstück ist meist bereits bezahlt und der Speicher häufig nur mit diversen Kartons gefüllt. Manch Eigentümer ergreift da die Gunst der Stunde und verbindet den Ausbau auch noch mit einer energetischen Sanierung, was die Nebenkosten der übrigen Bewohner senkt. Im Dach lässt sich heute von einfach bis luxuriös jeder Baustandard realisieren. Und die Wohnungen lassen sich i.d.R. im Handumdrehen verkaufen oder vermieten – zumindest in Freiburg.

Im Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid für Dietenbach wurde über das Ausbaupotenzial teils kontrovers debattiert. Während die Befürworter der Dietenbachbebauung – wozu bekanntlich u.a. auch die Stadtverwaltung und ein Großteil des Gemeinderates zählten – das Potenzial als vergleichsweise gering einschätzten, sahen das die Bebauungsgegner anders.

Die Stadt beauftragte eine Potenzialanalyse für Dachausbau und Dachaufstockung, die vom Land finanziell gefördert wurde.

Die Möglichkeiten und Herausforderungen von Dachausbauten und -aufstockungen wurden spezifisch für die Stadt Freiburg in Fallbeispielen untersucht. Faktoren wie die Eigentümerstruktur, die baurechtlichen Möglichkeiten, die Kosten und das Stadtbild wurden für beispielhafte Gebäude betrachtet.
Dabei geht es in erster Linie darum, zusätzliche Wohnungen zu schaffen, statt nur mehr Wohnfläche für die bestehenden Wohnungen im Haus. Die Studie soll die Frage beantworten, wie viele neue Wohnungen, vor allem preiswerte Mietwohnungen durch Dachausbauten und -aufstockungen kurz-, mittel- und langfristig in Freiburg realisierbar sind, und wie groß der Beitrag dieser Form der Nachverdichtung zur Entspannung des Wohnungsmarktes sein kann.

Durch diese enge Definition wurde natürlich nur ein stark begrenzter Teil des gesamten Ausbaupotenzials ermittelt.

Das Team der Arbeitsgemeinschaft MESS Stadtplaner und bayer | uhrig Architekten aus Kaiserslautern erarbeitete eine Potenzialanalyse. Im Rahmen der Erarbeitung haben Expertengespräche mit verschiedenen Akteuren auf dem Wohnungsmarkt und städtischen Verwaltungsmitarbeiter_innen stattgefunden.

Wesentliche Ergebnisse der Studie wurden in einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Dezember vorgestellt. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion haben sich Baubürgermeister Prof. Dr. Haag und weitere Akteure auf dem Freiburger Wohnungsmarkt mit den Chancen und Hemmnissen von Dachausbau und Dachaufstockung auseinandergesetzt.

Während BZ und Stadtverwaltung das Ergebnis eher kleinredeten und primär auf die großen Herausforderungen abhoben, bekräftigt Dr. Georg Löser, Vorsitzender von Ecotrinova e.V., dass die Potenzialschätzungen seines Vereins durch die Potenzialanalyse im Wesentlichen bestätigt würden.

Das obere Potenzial wird von den Autoren der Studie tatsächlich mit 3903 Wohnungen angegeben. Dieser Wert wurde aber bereits bereinigt. So sind u.a. die vielen Einfamilienhäuser nicht betrachtet worden und zahlreiche Stadtteile wurden pauschal ausgeklammert.

Das Gesamtpotenzial dürfte demnach tatsächlich im Bereich von 5000 Wohnungen und darüber liegen und somit sogar in einer ähnlichen Größenordnung wie Dietenbach.

Natürlich weist die Stadt zurecht daraufhin, dass sie den Dachausbau, mit Ausnahme z.B. der Stadtbauhäuser, nicht anordnen kann und dass Dachausbauten und Aufstockungen nicht trivial sind.

Das Vorgehen und Argumentieren der Stadt verdeutlicht jedoch unmissverständlich, dass sie Dietenbach favorisiert. Natürlich wären dort die Gestaltungsspielräume größer, aber bei nachlassender Wohnungsnachfrage, Klimadebatte, Artensterben, fehlenden Ersatzflächen für die betroffenen Landwirte, Überschwemmungsproblematik, Lärmproblematik, Verkehrsüberlastung, Kostenexplosion, Haushaltssituation, Prozessrisiken etc. müsste der Stadt eigentlich mehr an Alternativen gelegen sein.

Dies gilt auch, weil die Prognosen den Bedarf im Zeitraum 2025 – 2040, wenn in Dietenbach Wohnraum entstehen könnte, nicht zeigen. 2018 haben zudem erstmals seit 2008 etwas mehr Menschen die Stadt verlassen, als hierhergezogen sind. Der Geburtenüberschuss war moderat und ca. 1000 neue Wohnungen wurden fertig gestellt. Rein rechnerisch entspannte sich demnach der Wohnungsmarkt 2018. Ähnliches dürfte für 2019 und eventuell auch für die Folgejahre gelten.

 

Weitere Informationen zur Potenzialanalyse:

https://www.freiburg.de/pb/435316.html

Weitere Berichte zu Dietenbach:

https://www.frimp.de/themen/dietenbach/

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